In meinen Ohren beschäftigt sich TDm mit einem brandaktuellen Phänomen - der akribischen Auslotung und behutsamen Dekonstruktion der real-virtuellen Grenzziehungen.
Von einer - imho bemerkenswert - freien, offenen Perspektive aus, hinter der meditative Ruhe und Konzentration spürbar sind. Am Beispiel der Nähe zueinander und der fliessenden Übergänge, die er zwischen Geräuschen und Klängen konstruiert und collagiert, die digital, analog oder auch rein mechanisch erzeugt wurden.
Faszinierend finde ich zum Beispiel die Übergänge und Mischungen von dünnem Geäst, das bricht, mit/während/oder: weil/oder: wie wenn/ jemand auf eine Tastatur einklopft. Diese sounds scheinen in 'fLUX' eine besonders remarkable der unendlich Vielen denkbaren Brücken zwischen einer anfangs hier etwas beängstigend konstruierten, abstrakten Welt des Immateriellen und einer wärmeren, des Materiellen zu sein.
'fLUX' beginnt das Unternehmen gründlich, bei der Hintergrundstrahlung, die aus dem Nichts hörbar wird. Doch schon bald wird man bemerken: alles (nur) virtuell erzeugt. Und neben einer spürbaren Weite nicht gerade angehm; kühle gläserne sounds. Diese gleichbleibende, nur Ort und Lautstärke wechselnde ostinate Hintergrundstrahlung ist ein Chamäleon, wirkt anders, je nachdem, was da sonst noch so ist. Manchmal vermittelt sie so etwas, wie eine Ahnung einer materiell verfestigten Welt out of cyberspace. Spannung, im wahrsten Sinn des Wortes, nämlich so etwas wie elektrische, taucht kurz und heftig auf. Zusammen mit dem Hintergrund -Huhu, *schauder*. Dann nochmal, etwas LÄNGER - muss das sein? Scheinbar schon, denn das war nun die Initialzündung, man hört von nun an winzige elektrische Impulse, die miteinander in irgendeiner Beziehung stehen - einen Prozessorkern in slow motion sozusagen.
Bald darauf wird gefunkt. Es wird gefunkt und über Funk gerechnet - und da: pling, eine Idee taucht auf, ganz kurz darauf ihr hässlicher Begleiter, die Bedenken sozusagen. In Gestalt eines knarzenden, zu fest gestreichelten Luftballons. Sehr originell. Zieht sich dann aber etwas, das Luftballon-Streicheln. Einen schnelleren Prozessor würden wir uns wünschen, nur sollte er nicht so heiss werden, dass die Ballons womöglich platzen. Aber inzwischen wird sogar schon chemisch experimentiert, blubbern und tropfen unter knarzendem Luftballon-Durchrechnen.
Und dann gibt es da noch:
Die Stille.
Wohlgesetzt, wirkungsvoll.
Vielleicht ist das mit der Entropie ja gar nicht so schlecht.
Was taucht denn nun auf? Endlich mal was für institutionelle Professionalitätsprüfer. Ein Akkord entfaltet sich. Was für Voicings, was für Klänge! Die Frage der Schöpfungshöhe wäre geklärt. Aber die Stille - das ist eine ernst zu nehmende Konkurrenz, und in die Richtung scheint Alles zu gehen. Tja. Aber: die Hintergrundstrahlung. Bleibt. Solange wir überhaupt noch unterscheiden. Aber die Stille zeigt uns doch: Alles nur gedacht. Das wiederum sehr detailliert, und deshalb wird auch weiter gefunkt und gerechnet und werden allerlei Geräusche produziert. Geduld muss man haben. Dann endlich: relative Ruhe. Die Herz-Lungen-Maschine arbeitet im 'as usual' - Modus und wurde von feinfühligen Sounddesignern mitgestaltet. Am Schluss: Ein unspektakuläres Untertauchen. Vielleicht doch noch auf eine andere Idee warten?
Liege ich wohl mit meinen Assoziationen zu dem Wort 'fLUX' richtig -oder liebt da jemand italienische Autos?
Schwingung und damit Energiefluss gibt es in beiden Welten, und das Licht ist ja auch so ne grenzwertige Sache...
reflux, nein 'aLLER RETOUR' - der Titel ist hier wieder Programm - beginnt dann heimelig analog und zeigt uns bei der rückwärtigen Grenzüberschreitung Blüten, die in einer ideelen/virtuellen/noch nicht ganz fertig konstruierten Welt so blühen können. Also zumindest dann, wenn ein Streichquartett mal in die Blogosphäre schnuppert, sozusagen. Diese 2te Nummer des Albums scheint mir aus der Frage entsprungen zu sein: Können wir denn endlich mal was gegen die Entropie unternehmen? Hier kommt also die Zeit mit ins Spiel. Interessant, interessant.
Ab jetzt wird rückwärts gerechnet, und die alten scripts fliegen nur so durch die Luft, vorwärts wie rückwärts.
In 'mEMENTO' scheint mir TDm dann eine Synthese zu versuchen. Langsames, wiederholtes Kreisen um einen Gedanken. Das Quartett hat sich mit der Hintergrundstrahlung arrangiert und sucht nach Verknüpfungspunkten und Kontakten in der elektronischen Kommunikation. Dann tauchen - erst zaghaft mechanisch, dann auch heftig virtuell - unliebsame Erinnerungen als Assoziation des umkreisten Gedankens auf. Da ist er erstmal scheintot, der Gedanke. Aber diesmal währt die Stille nicht so lange wie zu Beginn. Diese Idee scheint besser zu sein. Ein heftig funkender Sender erweckt die Streicher aus ihrer Lethargie. Es schwirrt. Es ist richtig heiss auf diesem Kornfeld. Doch dann mildert ein angenehmes Lüftchen - die Violin-Pizzicati - die Schwüle und scheint eine Sehnsucht nach einer besseren Vor-Vergangenheit, dem Anfang, vor dieser unangenehmen Episode, zu beinhalten. Aller retour. Die Schönheit eines echten Gongklanges. Es wird im Äther rückwärts gefahndet. Das Dam-DiDapdiDam-Motiv wird gründlich durchgearbeitet. Übrig bleibt die Solobratsche. Nur ein Hauch von Resignation, gefasst getragen.
Wenn Du zBsp. Wladimir Martynow magst, könnte dieses Album auch für Dich interessant sein.
Das ist Musik zum ernstesten aller Filme. Dem realen, sozusagen.